Management-Blog
WirtschaftsWoche

Case-Study Teil 2:

Causa VW

Muss der Aufsichtsrat den Vorstand verklagen?
Das sagt der Rechtsexperte:
Dr. Christian Rolf
Partner, Willkie Farr & Gallagher LLP

wichtigen Interessen können im Einzelfall darin liegen, dass mit der Geltendmachung eines Schadensersatzanspruchs noch negativere Auswirkungen verbunden sind, etwa Imagever­lust der Gesellschaft. Letzteres ist allerdings dank des bisherigen PR-Desasters kaum vorstellbar. Auch kann der Aufsichtsrat berücksichtigen, dass die Geltendmachung von Schadensersatzansprüchen zu einer Funktionsunfähigkeit des Vorstands führt, etwa wenn alle Vorstände in Anspruch genommen werden müssten, somit die ordnungsgemäße Ge­schäftsführung der Gesellschaft nicht mehr sichergestellt wäre. All dies dürfte hier aber nicht greifen.

Vollständigkeitshalber sei erwähnt, dass ein Verzicht auf Schadensersatzansprüche nicht möglich ist. § 93 Abs. 4 Satz 3 AktG lässt einen solchen Verzicht erst drei Jahre nach dem Entstehen des Anspruchs, und nur durch einen Hauptversammlungsbeschluss zu.

Folgen für den Vorstand spielen keine Rolle

Nicht berücksichtigen darf der Aufsichtsrat die persönlichen Folgen eines Regressanspruchs für Vorstandsmitglieder. Zwar können solche Ansprüche existenzbedrohend werden, vor allem bei börsennotierten Gesellschaften, bei denen D&O-Versicherungen einen Selbstbe­halt vorsehen müssen, der bei entsprechender Schadenshöhe zu beträchtlichen Summen führen kann, die der Vorstand gleichwohl selbst trägt.

6.      Die D&O-Versicherung 5. 6.

In der Praxis ist der eigentliche Adressat des Schadensersatzanspruchs oftmals die D&O-Ver­sicherung und zwar schon deshalb, weil die enorme Höhe einer Regressforderung die meis­ten Vorstände meist finanziell überfordern wird. Hier stellt sich dann letztlich auch die Frage, inwieweit eine D&O-Versicherung für den Schaden in Form der Strafe oder des Buß­gelds aufkommen muss. Der Aufsichtsrat muss mit der D&O-Versicherung klären, wie weit diese die Haftung übernimmt. Aber auch im Übrigen kann sich ein Prozess lohnen, da einige der ehemaligen VW-Vorstände vermögend sind.

7.      Verjährung und Sofortmaßnahmen

Die Ansprüche gegen Vorstände verjähren nach § 93 Abs. 6 AktG nach fünf, bei börsenno­tierten Aktiengesellschaften – wie VW – in zehn Jahren. Sollte die Aufklärung länger dauern, ist der Aufsichtsrat gehalten, mit den Vorständen Verjährungsverzichtsvereinbarungen zu treffen. Dies bedeutet, dass der Vorstand auf die Einrede der Verjährung für einen zu ver­einbarenden Zeitraum von meistens ein bis zwei Jahren verzichtet. Derartige Vereinbarun-



„Nicht zu berücksichtigen hat der Aufsichtsrat die persönlichen Folgen eines Regressanspruchs für die Vorstandsmitglieder.“