Management-Blog
WirtschaftsWoche

Case-Study Teil 2:

Causa VW

Muss der Aufsichtsrat den Vorstand verklagen?
Das sagt der Rechtsexperte:
Dr. Christian Rolf
Partner, Willkie Farr & Gallagher LLP

gen sind üblich und können auch erneut getroffen oder verlängert werden. Weigert sich ein Vorstand, bleibt nur die Klage.

8.      Interessenkonflikte

Heikel wird die Aufgabe für den Aufsichtsrat, wenn es um die Beurteilung von Geschäfts­vorfällen geht, an denen Mitglieder des Aufsichtsrats selbst beteiligt waren, etwa weil sie zum Zeitpunkt des pflichtwidrigen Handelns selbst im Vorstand der Gesellschaft tätig waren. Dies ist rechtmäßig und auch nicht unüblich, da frühere Vorstandsmitglieder das Unterneh­men überdurchschnittlich gut kennen. Auch der Deutsche Corporate Governance Kodex sieht in Ziffer 3.1 eine enge Zusammenarbeit zwischen Vorstand und Aufsichtsrat vor - so­lange dies zum Wohl der Gesellschaft geschieht. Ein Wechsel von einem zum anderen Organ kann daher grundsätzlich für Synergieeffekte sorgen, birgt aber auch das Risiko von Interes­senkonflikten.23

War ein Aufsichtsrat zuvor als Vorstand tätig, kann das dazu führen, dass das entsprechende Aufsichtsratsmitglied eigene Geschäftshandlungen beurteilen muss. Diese Interessenkon­flikte können dazu führen, dass Aufsichtsräte nicht geneigt sind, Regressansprüche gegen Vorstände geltend zu machen. Ein Grund, von einem Regressanspruch abzusehen, ist dies freilich nicht. Einem ggf. im Interessenkonflikt stehendes Aufsichtsratsmitglied bleibt hier nichts anderes übrig, als das Mandat entweder niederzulegen oder sich zumindest bei der Abstimmung zu enthalten.24 Tatsächlich spricht aber manches dafür, dass bei einem andauernden Interessenkonflikt eine einfache Enthaltung nicht ausreicht, sondern das Auf­sichtsratsmitglied verpflichtet ist, sein Amt niederzulegen. Dieser Gedanke ergibt sich aus der Treuepflicht gegenüber der Gesellschaft. Immerhin kann ein drohender Regress einen permanenten Hintergedanken für das Aufsichtsratsmitglied bedeuten, der befürchten lässt, dass das Interesse der Gesellschaft nicht mehr an erster Stelle steht. 25 Bereits die Verzöge­rung der Geltendmachung von Schadensersatzansprüchen kann zu einem Schaden für die Gesellschaft führen, für den der Aufsichtsrat verantwortlich sein kann. Daher ist im Zweifel eine Niederlegung des Amtes ratsam, schon, um die Entstehung weiterer Probleme zu ver­hindern. Da dies auch für ausgeschiedene Aufsichtsratsmitglieder gilt, sind auch gegen diese und amtierende Aufsichtsräte Schadensersatzforderungen zu prüfen. Ob und inwieweit An-




23 § 100 Abs. 2 Nr. 4 AktG bestimmt aus diesem Grund, dass Aufsichtsrat nicht sein darf, wer in den letzten zwei Jahren Vorstand derselben börsennotierten Gesellschaft war. Diese Vorschrift soll sicherstellen, dass das Problem der Überwachung eigener Entscheidungen zumindest entschärft wird. Allerdings ist die Ernennung eines ehemaligen Vorstands zum Aufsichtsrat ausnahmsweise doch möglich, wenn sie auf Vorschlag von Aktionären, die mindestens 25% der Stimmrechte an der Gesellschaft halten, erfolgt.
24 BGH, Urteil vom 16.2.2009 – II ZR 185/07–; 5.5.3 des DCGK bestimmt dazu: Der Aufsichtsrat soll in seinem Bericht an die Hauptversammlung über aufgetretene Interessenkonflikte und deren Behandlung informieren. Wesentliche und nicht nur vorübergehende Interessenkonflikte in der Person eines Aufsichtsratsmitglieds sollen zur Beendigung des Mandats führen.
25 Derleder/Fauser, BB 2006, 949, 954.

„Heikel wird es für den Aufsichtsrat, wenn es um Geschäftsvorfälle geht, an denen Mitglieder des Aufsichtsrats selbst als Vorstände beteiligt waren.“