Case-Study:

„Brexit“: Mögliche Folgen für Unternehmen

Teil 1: Steuerrecht und M&A
Steuerrecht
Dr. Marion Frotscher
Mitglied der Geschäftsbereichsleitung Steuern und Recht,
Warth & Klein Grant Thornton AG


„Besonders groß ist die steuerliche Mehrbelastung bei Wirtschaftsgütern, die im Zeitablauf einer hohen Wertsteigerung unterliegen. Dies sind regelmäßig immaterielle Wirtschaftsgüter und Immobilien.“

   5. Umwandlungen

Erhebliche steuerliche Folgen kann der „Brexit" auch bei grenzüberschreitenden Umwandlungen haben. Grenzüberschreitende Umwandlungen können aus den verschiedensten, nicht steuerlichen Gründen sinnvoll oder sogar zwingend sein. Sie können sich aber auch aus den oben dargelegten Erfordernissen einer Umstrukturierung im Konzern ergeben, die sich nach dem "Brexit" zur Optimierung der Steuerstruktur ergeben.

Grundsätzlich sind grenzüberschreitende Umwandlungen nach deutschem Steuer­recht nicht steuerfrei möglich, wenn Deutschland im Zuge der Umwandlung sein Besteuerungsrecht verliert oder dieses eingeschränkt wird. Zu einem Verlust des Besteuerungsrechts kommt es regelmäßig dann, wenn Wirtschaftsgüter von Deutschland ins Ausland überführt werden. Dieser Grundsatz gilt unabhängig davon, ob Großbritannien in der EU ist oder nicht. Insofern hat der „Brexit" keine Verschlechterung zur Folge.

In Ausnahmefällen ist aber auch eine grenzüberschreitende Umwandlung zu steuerlichen Buchwerten und damit ohne Steuerlast möglich, soweit EU-Gesell­schaften beteiligt sind und das deutsche Besteuerungsrecht nicht beschränkt wird. Sind diese Voraussetzungen nicht erfüllt, wird eine Umwandlung als Tausch gewertet, der zum Marktwert zu bewerten ist. Damit werden insbesondere sog. Stille Reserven (d.h. die Differenz zwischen dem Marktwert und dem steuerlichen Buchwert) besteuert. Die Besteuerung würde in diesen Fällen nicht nur eintreten, wenn das deutsche Besteuerungsrecht im Rahmen der Umwandlung beschränkt wird (weil z.B. Wirtschaftsgüter über die Grenze gebracht werden), sondern auch dann, wenn die Wirtschaftsgüter nach der Umwandlung unverändert in Deutschland bleiben. Dies bedeutet für den Steuerpflichtigen eine erhebliche Mehrbelastung bei Umwandlungen, bei denen eine UK Gesellschaft beteiligt ist.

Besonders groß ist die steuerliche Mehrbelastung bei Wirtschaftsgütern, die im Zeitablauf einer hohen Wertsteigerung unterliegen. Dies sind regelmäßig immaterielle Wirtschaftsgüter und Immobilien. Sind immaterielle Wirtschaftsgüter selbst geschaffen und dürfen daher steuerlich nicht aktiviert werden, ist der steuerliche Nachteil besonders hoch.

Einige grenzüberschreitende Umwandlungen dürften aber auch nach dem „Brexit" steuerfrei möglich sein:

  • Einbringungen einer UK-Personengesellschaft in eine Deutsche Kapital­gesellschaft (§ 20 UmwStG), wenn Deutschland das Besteuerungsrecht an den erhaltenen Anteilen erhält
  • Anteilstausch gem. § 21 UmwStG mit Einbringung der Anteile in eine deutsche Kapitalgesellschaft
  • Einbringung in das Betriebsvermögen einer Personengesellschaft (§ 24 UmwStG)

Neben steuerlichen Nachteilen bei zukünftigen Umwandlungen, kann der „Brexit" auch Auswirkungen auf bereits erfolgte Einbringungen haben. Ist eine Sacheinlage gem. § 20 UmwStG in eine Kapitalgesellschaft zum steuerlichen Buchwert und damit steuerneutral oder zu einem sog. Zwischenwert erfolgt, kann es innerhalb von 7 Jahren nach der Einbringung zu einer rückwirkenden Besteuerung kommen, wenn ein sog. Ersatztatbestand gem. § 22 UmwStG verwirklicht wird.