dens, wie etwa nach § 287 ZPO, der dem Gericht die Möglichkeit erlaubt, die Schadenshöhe nach freier Überzeugung zu beurteilen.
5. Was der Aufsichtsrat jetzt unternehmen muss
Was feststeht: VW hat Fahrzeuge in den Verkehr gebracht, die aufgrund zu hoher Abgaswerte die Zulassungsvoraussetzungen in den USA nicht erfüllen, und damit gesetzliche Bestimmungen verletzt. Sicher ist auch, dass dies durch den Einsatz manipulativer Software verschleiert wurde.17 Dadurch ist VW ein astronomischer Schaden entstanden.
Man kann jetzt hin und her überlegen, ob die Anschaffung der Software pflichtwidrig war, oder ob es darauf ankommt, dass die Software vom Werk aus so eingestellt werden konnte, dass die Fahrzeuge bei dem Betrieb auf dem Prüfstand andere Werte liefern, oder ob das nachträglich so programmiert wurde. Man kann weiter suchen, ob es eine Order oder Billigung gab, die Software so zu justieren. Und man kann auch lange prüfen, ob nicht Bosch für das Debakel verantwortlich sei, die jedenfalls ausweislich der Klage in den USA die Kontrolle über die Software gehabt haben sollen.18 Die Prüfung wäre endlos.
Aus meiner Sicht ist in eine ganz andere Richtung zu denken. Wenn man die Sätze aus der oben genannten Entscheidung des LG München I ernst nimmt, wäre zu fragen, ob der Vorstand von VW den Betrieb so organisiert hat, dass verhindert wird, Fahrzeuge in den Verkehr zu bringen, die die Zulassungsvoraussetzungen nicht erfüllen und somit Verbraucher getäuscht werden. Der Aufsichtsrat muss danach die Funktionsfähigkeit des Compliance- Systems hinterfragen. Und hier gilt: Das Compliance System muss gerade in schadensanfälligen Bereichen wirken19.
Liest man dazu eine Pressemitteilung vom März diesen Jahres20, die VW im Zusammenhang mit dem Vorwurf der Täuschung des Kapitalmarktes geschaltet hat, kommt man der Sache schon näher:
Das Dieselprojekt war für VW zunächst ein Prestigeprojekt, nämlich, wie es dort heißt, eine
17 Fn. 4.
18 Mittlerweile sind Vorwürfe gegenüber Bosch in den Mittelpunkt der öffentlichen Aufmerksamkeit gerückt, wonach die Rolle des Unternehmens weit über die eines Lieferanten der Software hinausging. So soll Bosch gewusst haben, dass die Nutzung der Software nach amerikanischen Recht verboten ist und auch nachdem VW der Bitte nach einer Freistellung von Haftungsansprüchen im Zusammenhang mit der Verwendung der Software nicht nachgekommen ist, die Software über Jahre hinweg weiterentwickelt haben. Dabei soll sogar vertraglich festgehalten worden sein, dass eine Veränderung der Software nur mit Zustimmung von Bosch erfolgen durfte. Quelle: http://www.handelsblatt.com/unternehmen/industrieibosch-und-dieselgate- wie-tief-stecken-die-stuttgarter-im-abgas- sumpf/14512918.html.
19 Im Urteil des LG München I wurden Aktivitäten in Nigeria einem „ohne Zweifel" besonders korruptionsanfälligen Umfeld zugeordnet, die „strengen Sorgfaltsmaßstäben genügen" muss, so auch Fleischer, NZG 2014, 321, 324.
20 http://www.volkswagenag.com/content/vwcorp/info center/de/news/2016/03/Volkswagen.html
„Gerade in schadensanfälligen Bereichen muss das Compliance-System wirken.“