Management-Blog
WirtschaftsWoche

Case-Study Teil 2:

Causa VW

Muss der Aufsichtsrat den Vorstand verklagen?
Das sagt der Rechtsexperte:
Dr. Christian Rolf
Partner, Willkie Farr & Gallagher LLP

„strategische Entscheidung von Volkswagen im Jahr 2005, in den USA eine groß angelegte Dieseloffensive zu starten und dieser in Europa damals bereits sehr erfolg­reichen Technologie auch in den USA zum Durchbruch zu verhelfen.“

Erkannt wurde auch, dass das Projekt schwierig umzusetzen war, denn nach dem

„damals strengsten Standard in den USA durften nur 31 mg/km Stickoxide (NOx) emittiert werden – rund sechsmal weniger als nach der zu jener Zeit in Europa gülti­gen EU5-Norm. Bei der Konstruktion moderner Dieselmotoren stehen Techniker und Ingenieure vor der Herausforderung, dass jede Maßnahme zur Stickoxid-Reduktion dazu führt, dass bei anderen Parametern (bspw. CO2) Abstriche gemacht werden müssen.“

VW hatte damit erkannt, dass die Umsetzung des Projekts vor einem Zielkonflikt stand. Um, wie es dann heißt,

„diesen Zielkonflikt im Rahmen der Zeit- und Kostenvorgaben für den EA189 zufriedenstellend zu lösen, entschloss sich nach bisherigem Erkenntnisstand in der Folgezeit eine Gruppe von Personen, die im Einzelnen aktuell noch ermittelt werden, auf Ebenen unterhalb des Konzern-Vorstands im Bereich Aggregate-Entwicklung dazu, die Motorsteuerungssoftware zu verändern.“

Was dann das Fass wohl zum Überlaufen brachte, war die Tatsache, dass die Manipulation offenbar verlockend leicht durchführbar war, denn es

„handelte sich dabei um einen punktuellen, aber schwerwiegenden und von Volkswagen nachdrücklich bedauerten Eingriff in die Motorsteuerungssoftware, der aber durch relativ kleine Veränderungen innerhalb des für die Entwicklung der Steuerungssoftware verfügbaren Budgets möglich war.“

Mann kann sich gut vorstellen, wie das abgelaufen ist: Der Vorstand gibt ein extrem wichti­ges, aber technisch schwierig umzusetzendes Ziel vor, und das zudem unter hohem Zeitdruck und mit kleinem Budget. Die Möglichkeit, die Zielvorgaben durch eine Manipulation zu erreichen, war zugleich einfach. Für Complianceverstöße ist diese Situation fast schon typisch. Gerade hier hätte man von einem Compliance-System erwarten dürfen, dass es genau prüft, ob die Zielvorgaben des Vorstands mit legalen Mittel umgesetzt werden. Und das heißt zu fragen, ob es interne oder, was noch besser ist, externe unabhängige Prüfungen gab, ob die strengen Abgaswerte wirklich eingehalten werden, die man zuvor offenbar als das Nadelöhr des Projektes identifiziert hatte. Danach sieht es nicht



„Was das Fass wohl zum Überlaufen brachte, war die Tatsache, dass die Manipulation offenbar verlockend einfach durchzuführen war.“