Management-Blog
WirtschaftsWoche

Case-Study Teil 2:

Causa VW

Muss der Aufsichtsrat den Vorstand verklagen?
Das sagt der Rechtsexperte:
Dr. Christian Rolf
Partner, Willkie Farr & Gallagher LLP

Muss der VW-Aufsichtsrat Vorst�nde in Regress nehmen?

Was feststeht: VW hat Fahrzeuge in den Verkehr gebracht, die aufgrund zu hoher Abgaswerte gesetzliche Bestimmungen verletzt haben. Sicher ist auch, dass dies durch den Einsatz manipulativer Software verschleiert wurde. Und ganz sicher entsteht VW dadurch ein astronomischer Schaden. Haften die Vorst�nde daf�r und muss der Aufsichtsrat gegen Vorst�nde vorgehen?

Verletzt ein Vorstandsmitglied seine Pflichten zur ordnungsgem��en Gesch�ftsf�hrung, ist es der Gesellschaft zum Ersatz des daraus entstehenden Schadens verpflichtet (� 93 Abs. 2 Satz 1 AktG). Solche Schadensersatzanspr�che muss der Aufsichtsrat im Rahmen seiner �berwachungspflicht verfolgen, sonst macht er sich selbst schadensersatzpflichtig.

Ergibt die Pr�fung des Aufsichtsrats, dass VW-Vorstandsmitglieder von den Manipulationen gewusst haben oder das sogar duldeten, ist die Klage fast unabwendbar. H�ufig enden interne Untersuchungen allerdings damit, dass individuelle Verantwortlichkeiten nach �den in Augenschein genommenen Unterlagen" oder so �hnlich nicht feststellbar sind, was freilich nichts hei�t, denn solche Sachverhalte stehen ja selten im Protokoll einer Vorstandssitzung. Da hilft es schon eher, darauf zu schauen, dass die Staatsanwaltschaft Braunschweig gegen einzelne (ehemalige) Vorst�nde ein Ermittlungsverfahren wegen Betrugs an den Kunden eingeleitet hat. Werden Bu�gelder oder Strafen gegen einzelne Vorst�nde verh�ngt, steht die individuelle Verantwortung fest.

Der Vorstand ist aber auch dann nicht aus dem Schneider, wenn eine interne Untersuchung zu dem Schluss k�me, dass die Manipulationen jedenfalls nicht aus dem Kreise des Vorstands stammen. In einem weit beachteten Fall hatte das Landgericht M�nchen 1 im Jahr 2013 im Zusammenhang mit der Siemens-Korruptionsaff�re entschieden, dass der Vorstand das Unternehmen so aufstellen muss, dass Rechtsverletzungen unterbleiben. Der Gesch�ftsbetrieb muss � vereinfacht ausgedr�ckt � legal sein und der Vorstand hat daf�r zu sorgen, dass dies auch so ist. Versagt die Organisation des Unternehmens hier, hat der Vorstand ebenfalls pflichtwidrig gehandelt und kann daf�r haften. Dem kann sich ein einzelnes Vorstand auch grunds�tzlich nicht mit dem Hinweis entziehen, f�r die Compliance seien andere Vorst�nde zust�ndig. Compliance-Pflichten treffen alle Vorst�nde.

Der von VW in Auftrag gegebene Bericht liegt noch nicht vor, aber eine Pressemitteilung vom M�rz diesen Jahres (http://www.volkswagenag.com/contentivwcorp/info centeddeinews/ 2016/03/Volkswagen.html), die VW im Zusammenhang mit dem Vorwurf der T�uschung des Kapitalmarktes geschaltet hat, entlarvt. VW erkl�rt den dort verharmlosend als �Diesel- Thematik" beschriebenen Skandal damit, dass sich einzelne Personen �unterhalb der Vorstandsebene" dazu entschlossen hatten, die Software zu Manipulationen einzusetzen, was dann auch noch ein relativ einfacher Eingriff gewesen zu sein scheint � also praktisch eine Art Betriebspanne. Umgekehrt war die Diesel-Offensive aber ausweislich der Pressemitteilung ein wichtiges Prestigeprojekt, das trotz technisch anspruchsvoller, bis fast unm�glicher Umsetzbarkeit (die Abgaswerte waren in den USA sechsmal so streng wie in Europa) in k�rzester Zeit und mit kleinem Budget umgesetzt werden sollte. F�r Complianceverst��e ist diese Situation fast schon typisch. Mitarbeiter begehen Gesetzesverst��e, um den fast unerf�llbaren Vorgaben gerecht zu werden. Gerade hier h�tte man von einem Compliance-System erwarten d�rfen, dass es genau pr�ft, ob die Zielvorgaben des Vorstands mit legalen Mittel umgesetzt werden.



�Ergibt die Pr�fung
des Aufsichtsrats, dass VW-Vorstands­mitglieder von den Manipulationen gewusst haben oder sogar duldeten, ist die Klage fast unabwendbar.�