Management-Blog
WirtschaftsWoche

Case-Study Teil 2:

Causa VW

Muss der Aufsichtsrat den Vorstand verklagen?
Das sagt der Rechtsexperte:
Dr. Christian Rolf
Partner, Willkie Farr & Gallagher LLP

Und das heißt zu fragen, ob es interne oder, was noch besser ist, externe unabhängige Prüfungen gab, ob die strengen Abgaswerte wirklich eingehalten werden, die man zuvor offenbar als das Nadelöhr des Projektes identifiziert hatte. Danach sieht es nicht aus. Es ist dann nur schwer vorstellbar, dass der Aufsichtsrat hier zum Schluss kommt, dass VW ein adäquates Compliance-System hatte.


Vor diesem Hintergrund sind jetzt die wichtigsten Punkte für den Aufsichtsrat:

  1. Sofortmaßnahmen: Ansprüche gegen Vorstände verjähren in 10 Jahren. Aber es kann sich anbieten, jetzt schon Ansprüche zu sichern, etwa durch Einbehalte von Bonuszahlungen.
  2. Kein Aufsichtsrat geht gerne gegen den eigenen Vorstand vor. Aus langjährigen Partnern werden nämlich Prozessgegner. Und kein Vorstand arbeitet offen und motiviert an der Problemlösung mit, wenn ihm dafür die Haftung droht. Der Aufsichtsrat muss daher überlegen, ggf. weitere Vorstandsposten bei VW zu gegebener Zeit neu zu besetzen, um sicherzustellen, dass die Kooperation reibungslos verläuft.
  3. Sachverhalt vollständig aufklären. Das heißt auch, einen vom Vorstand in Auftrag gegebenen Bericht kritisch zu hinterfragen und ggf. gegenprüfen zu lassen.
  4. Interessenkonflikte vermeiden. Ein Teil der Aufsichtsratsmitglieder war früher Vorstand bei VW und ist damit eventuell daran gehindert, konfliktfrei über seine eigene Tätigkeit zu urteilen. Ggf. muss das Mandat dann niedergelegt werden.
  5. Mit der D&O Versicherung koordinieren. Diese wird eventuell einen Teil des Schadens tragen; und schließlich:
  6. Feststellen, ob sich (ehemalige) Vorstände schadensersatzpflichtig gemacht haben. Wenn das der Fall ist, hat der Aufsichtsrat kein Ermessen bei der Anspruchsverfolgung. Er darf lediglich aus ganz gewichtigen Gründen von der Verfolgung absehen, die hier aber kaum greifen dürften. Hier gilt der vom BGH schon in der Mannesmann-Entscheidung aufgestellte Grundsatz, wonach die Aufsichtsräte keine Gutsherren, sondern Gutsverwalter sind, die allein im Unternehmenswohl handeln müssen. Die Folgen für das Vorstandsmitglied spielen keine Rolle.




„Es ist nur schwer
vorstellbar, dass der
Aufsichtsrat
zum Schluss kommt,
dass VW ein
adäquates
Compliance-System
hatte.“